Foto: Markus Noichl

Skizzen des eigenen Lebens

Ausstellung - Christian Hof thematisiert in der Galerie am Fürstenhof auch sich selbst - Spiel mit den Tasten ausgemusterter Computer

"Selbstgespräche" nennt Christian Hof, was er in der Galerie am Fürstenhof in Kempten bis zum 18. Juni zeigt. Es ist das Gegenteil von dekorativ. Wenige Künstler arbeiten so entschieden und eigenständig. Respekt.

Aus dem Schaufenster grüßen sie schon: Computer-Tasten, von ihrem Platz im Gefüge der Tastatur befreit. Als "Montagen" ordnet Hof sie neu an. In vier großen Rahmen geht es nach optischen Themen. Zwischen dunkelgrau und gelblich entwickeln diese Würfelchen und Geist-Transporteure ihre eigene Ästhetik. In den kleinen "Monologen" werden Isogramme versteckt, also Wörter, in denen jeder Buchstabe des Alphabets nur einmal vorkommt. "Bundestag", "Volk", "Wir" ist so eine wiederholungsfreie Folge mit einer geheimen Botschaft. "Glück", "Wind", "Ruhe", "Fast" eine andere.

Lang wird es das Rohmaterial dafür nicht mehr geben. Die großen und klapprigen Tastaturen werden heute gar nicht mehr hergestellt. Die gleiche Spielwiese, aber in einem anderen Zusammenhang: Auf Abreibungen wirkt die Tasten-Oberfläche seltsam entrückt und mystisch.

Gut 3000 Isogramme birgt das Deutsche, hat Sprachforscher Hof mit einem selbstentwickelten Computerprogramm herausgefunden. An langen Winterabenden sucht er nun nach Paaren wie "Venus" und "zärtlich" oder "Wachstum" und "Gier".

Skizzen seines Lebens entwirft Hof mit anderen Arbeiten. "Freiwillige Selbstkontrolle" heißen 62 Fotos, die er in acht Tagen genau dort machte, wo er mit dem iPhone seine mails abrief, inklusive Toilette. "Kontaktabzüge" sind Fotos, auf denen jene Personen geschwärzt sind, mit denen er den Kontakt abbrach. "Architektur des Alleinseins" heißen Wohnungspläne, auf denen mit Uhrzeit und Stichwort alle Tätigkeiten eines Tages in den eigenen vier Wänden protokolliert sind. Als "Ichwortverzeichnis" hat Hof alphabetisch geordnet Eckpunkte seines Lebens zusammengefasst.

Zur Rettung alter Tastaturen hat Hof übrigens die Wertstoffhöfe mit eingespannt. In eine ganz eigene Welt nimmt diese Ausstellung hinein, in der nüchternes Material eine ganz persönliche Sprache spricht

[08.06.11, Markus Noichl, AZ]